NRW: Braunes Heldengedenken 2011 (mehrfach ergänzt, Stand 17.11.2011)

Posted on 14. November 2011 von


DÜSSELDORF – Auch in diesem Jahr haben Neonazis und NPD-Gliederungen am Wochenende Veranstaltungen zum „Heldengedenken“ durchgeführt – und sich teils auch an offiziellen Veranstaltungen zum Volkstrauertag beteiligt.

Angeblich „rund 85 nationale Sozialisten“ trafen sich nach einem Bericht Dortmunder Neonazis am Sonntag in den frühen Morgenstunden am Kaiser-Wilhelm-Denkmal in Dortmund-Hohensyburg. Nach einer Rede und dem Absingen des Liedes „Wenn alle untreu werden“ – wie zu vermuten steht in der Version des „Treueliedes“ der SS – ging es mit Fackeln bestückt zur Ruine der ehemaligen Hohensyburg. Dort habe ein Redner „an die Heldentaten deutscher Soldaten erinnert und auch die Opfer der Zivilbevölkerung, beispielsweise durch alliierten Bombenterror oder sowjetischen Kriegsverbrechen, in Erinnerung“ gerufen, heißt es in einem Bericht der Szene. „Störungsfrei“ sei das „in beeindruckender Atmosphäre durchgeführte Heldengedenken“ vonstatten gegangen, freuen sich die Dortmunder Neonazis. Der Kranz, den sie  hinterließen, wurde am Sonntag während der offiziellen Gedenkfeier am Syburg-Ehrenmal vorübergehend entfernt.*

Ehrenwache rückte ab

Am Sonntagvormittag nahmen einige von ihnen an der Gedenkveranstaltung der Stadt Dortmund zum Volkstrauertag auf dem Hauptfriedhof teil. Beteiligt gewesen sein sollen rund zehn Neonazis, außerdem NPD-Ratsmitglied Axel Thieme.** Die Neonazis monieren in ihrem Veranstaltungsbericht, dass die Ehrenwache der Bundeswehr ihre Position verlassen habe, als „nationale Aktivisten“ vor dem Ehrenmal Rosen niedergelegt hätten. Sie halten ihre Aktion dennoch für gelungen: „Trotz politischer Vereinnahmung durch Demokraten, inklusive den obligatorischen Phrasen, konnte unseren Gefallenen gedacht werden.“

Platzverweise

„Ca. 30 Aktivistinnen und Aktivisten aus den Städten Hamm, Ahlen und Münster“ veranstalteten ihr braunes „Heldengedenken“ in Münster. Sie marschierten, mit Fackeln ausgestattet und die Standarte der „Nationalen und sozialistischen Kameradschaft Hamm“ voran, zu einem Ehrenmal, „um den Menschen zu gedenken, die ihr Leben für ein besseres Deutschland gaben“, wie es in einem Veranstaltungsbericht heißt.

Angeblich 20 Teilnehmer sollen es in Solingen gewesen sein, die zu einem Neonazi-„Heldengedenken“ auf einen Soldatenfriedhof im Stadtteil Dorp marschierten. Ein von der Aktion veröffentlichtes Foto legt freilich nahe, dass deutlich weniger Neonazis beteiligt waren. Nach ihren eigenen Angaben erhielten sie nach der Aktion in Dorp von der Polizei einen Platzverweis für alle Friedhöfe und Ehrenmale in Solingen.

Pradel sprach

Das Iserlohner NPD-Stadtratsmitglied Timo Pradel nahm am Sonntag wie in früheren Jahren zusammen mit weiteren „volkstreuen Deutschen“ an einer Gedenkfeier in Iserlohn-Wermingsen teil. Dabei soll Pradel sogar eine Rede gehalten haben. Seine NPD klagt darüber, dass ihn dabei ein Vertreter des „Freundeskreises Ehrenmal Wermingsen“ „in wüster Weise unterbrochen“ habe. Der „Freundeskreis“ ist Ausrichter der dortigen Veranstaltungen zum Volkstrauertag. Bereits am Samstag habe er „mit einigen Kameraden“ an einer Gedenkveranstaltung vor der ehemaligen Seydlitz-Kaserne in Iserlohn teilgenommen, ließ Pradel per Facebook wissen.

„Würdevoll“

NPDler aus Bochum und Dortmund organisierten ihr „würdevolles Gedenken“ in Wattenscheid. Dabei sprachen unter anderem der Dortmunder NPD-Kreisvorsitzende Matthias Wächter sowie das Bochumer NPD-Kreisvorstandsmitglied Markus Schumacher. Eines seiner Themen: „die in naher Zukunft stattfindenden Verbrechen, im Bezug auf den von Juden und Amerikanern drohenden Angriff auf den Iran“.

Der NPD-Kreisverband Rhein-Sieg sowie „parteifreie“ Neonazis aus der Region nahmen auch in diesem Jahr an einer Veranstaltung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge an der Kriegsgräberstätte in Königswinter-Ittenbach teil. (rr)

  • Ergänzungen:
  • Ex-NPD-Funktionäre und „parteifreie“ Neonazis aus dem Raum Köln/Aachen/Düren beteiligten sich am Sonntag an einer Gedenkstunde des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf dem Ehrenfriedhof Vossenack in der Gemeinde Hürtgenwald. Man habe sich mit „rund 40 Aktivisten“ dieser zentralen Feierstunde wegen einer 2009 erfolgten Änderung der Friedhofssatzung des Kreises Düren angeschlossen, heißt es auf einer Internetseite Kölner Neonazis: Den „Kameraden“ aus der Region sei es seither nicht mehr möglich, eigene „nationale Heldengedenken“ durchzuführen. Im Anschluss an die Gedenkveranstaltung der „Demokraten und anderen Gutmenschen“ führten die Neonazis freilich dann doch ihr eigenes „Heldengedenken“ durch und „gedachten auf ihre Weise den Toten unseres Volkes“. Als Redner traten dabei der Anführer der militant-neonazistischen „Kameradschaft Aachener Land“ (KAL), Rene Laube, der Dürener Ex-NPD-Kreisvorsitzende Ingo Haller und der Pulheimer Neonazi Axel Reitz auf. Fazit der Kölner Neonazis: „Es konnte also trotz der bürokratischen Verhinderung einer großen, mit Fahnen und Transparenten ausgestatteten Versammlung nationaler Kräfte auf dem Ehrenfriedhof in Vossenack der Bevölkerung deutlich vermittelt werden, dass noch ein anderes, ein besseres Deutschland existent ist.“
  • Die „Freien Kräfte Oberberg“ zelebrierten ihr „Heldengedenken“ nach eigenen Angaben an einem Ehrenmal im Gummersbacher Stadtteil Dieringhausen. „Rund 20 Kammeraden“, so der O-Ton, sollen daran teilgenommen haben. „Wider dem BRD-immanenten defäkieren auf unsere Ahnen“, so beschließen die Neonazis ihren Veranstaltungsbericht.
  • Mitglieder der NPD Aachen beteiligten sich an einer Veranstaltung zum Volkstrauertag am Bergfriedhof in Stolberg. Anschließend beschimpfte die Aachener NPD auf ihrer Internetseite Stolbergs Bürgermeister Ferdi Gatzweiler, der bei der Veranstaltung eine Rede gehalten hatte, sowie einen namentlich nicht genannten Pfarrer: Mit „mosaischem Gesang“ habe er die Anwesenden „gequält“.
  • Die Rheinische Post*** meldete, die NPD sei am Volkstrauertag mit etwa 30 Aktiven am Schmölderpark in Mönchengladbach-Rheydt unterwegs gewesen. „Davon war aber bestenfalls ein Drittel aus Mönchengladbach, die anderen kamen aus der Umgebung“, zitiert das Blatt einen Polizeisprecher.

* http://www.ruhrnachrichten.de/lokales/dortmund/sueden/Rechter-Kranz-sorgt-fuer-Schock-am-Volkstrauertag;art2575,1467217

** http://antifaunion.blogsport.de/2011/11/14/dortmunder-nazis-die-stadt-und-der-sog-volkstrauertag/

*** http://www.rp-online.de/niederrhein-sued/moenchengladbach/nachrichten/rechte-szene-auf-dem-rueckzug-1.2604596

Zu den Aktivitäten der Szene im vorigen Jahr: https://nrwrex.wordpress.com/2010/11/15/nrw-braunes-heldengedenken/

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