BRD: Olaf Rose – Geschichtsklitterer mit einem Faible für NS-Eleganz

Posted on 17. März 2012 von


HERNE/HERDECKE/BERLIN – Olaf Rose, geboren in Arnsberg, Student in Bochum, als Historiker unter anderem in Herne und Herdecke tätig, will als Kandidat der NPD Bundespräsident werden. Das wird er zwar nicht. „NRW rechtsaußen“ zeichnet aber einige Spuren auf, die er in Nordrhein-Westfalen und anderswo hinterlassen hat.

Beate Klarsfeld darf aufatmen. Olaf Rose, der NPD-Kandidat für die Wulff-Nachfolge als Bundespräsident, möchte sie nicht ohrfeigen. Er könne „eben doch keine Frau schlagen, auch wenn sie es verdient hat“, erklärte er dem extrem rechten Blog „DeutschlandEcho“. Diese in ihm „verankerte Hemmschwelle“ könne er „nicht überwinden“. Und das trotz der Klarsfeld’schen Kiesinger-Ohrfeige und ihrer „geradezu obsessiven einseitigen Verfolgung vermeintlicher oder tatsächlicher deutscher Kriegsverbrecher“. Dabei hat Rose schon lange eine Schwäche für eben jene „einseitig Verfolgten“. In seiner Arbeit als Historiker steht er ihnen bei. Sowohl den ganz großen, wie Rudolf Heß und Heinrich Himmler, die er zu Friedenspolitikern umdeutet, als auch den kleinen, normalen Deutschen im Nationalsozialismus, die Rose gegen pauschale Rassismusvorwürfe verteidigt. Dieser Einsatz führte schließlich dazu, so die Version der sächsischen NPD-Fraktion, dass er „2003 wegen unerwünschter Forschungsergebnisse zum Thema ,Zwangsarbeiter im Dritten Reich’ aus dem öffentlichen Dienst entfernt“ wurde.

„Einseitig Verfolgte“

Die „Forschungsergebnisse“ waren Resultat einer Anstellung als ABM-Kraft bei der Stadt Herne. Dort arbeitete er über zwei Jahre und war damit betraut, ein Buch über „Zwangsarbeit in Herne und Wanne-Eickel“ zu schreiben. Seine Sorge galt auch damals schon den „einseitig verfolgten“ Deutschen. Er habe sich bemüht, „nichts zu verschweigen oder zu beschönigen, aber gerade deswegen die herrschende Asymmetrie im geschichtsmoralischen Urteil wieder in die Waagerechte zu bringen“, schrieb Rose in der Einleitung zu der Arbeit. Wo Rose eine Asymmetrie entdeckt, wird einige Absätze später deutlich. „Bei der Lektüre“ des Buches „Bewährungsprobe. Herne und Wanne-Eickel 1933-45“ von 1987 „fällt sofort ins Auge, dass die Autoren in weiten Passagen die Quellen negativ selektieren“. Und zwar zu Ungunsten der Deutschen. Sie kämen so „zu Ergebnissen, die einen Großteil der damaligen Herner und Wanne-Eickeler unter generellen Rassismusverdacht stellen“, rügte Rose. Die Alliierten hingegen kamen für Rose zu gut weg, er steuerte klassisch revisionistisch gegen: „Die sowjetischen Zwangsarbeiter [gerieten] manchmal schon auf den Eisenbahntransporten ins Deutsche Reich in den Bombenhagel der eigenen Luftwaffe; und sobald sie in den Industriestädten Deutschlands eingetroffen waren, wurden sie ausgerechnet von ihren westlichen Alliierten bedroht, verstümmelt oder gar getötet.“

Zweifelhafte Nebenjobs

Dass Roses Arbeit nicht veröffentlicht wurde und seine Anstellung auslief, lag aber, anders als von der NPD behauptet, nicht in erster Linie an seinen „unerwünschten Forschungsergebnissen“. Die hatte beim Herner Stadtarchiv bis dahin niemand beanstandet und das obwohl der Text kurz vor der Druckreife war. Auslöser für die Entscheidung der Stadt, sich von Rose zu trennen, war letztlich ein Artikel in der antifaschistischen Zeitschrift „Lotta“, die 2003 Roses Aktivitäten jenseits seiner Arbeit für das Herner Stadtarchiv thematisierte. Es wurde bekannt, dass der Historiker für das extrem rechte Magazin „Opposition“ schrieb und zum Redaktionsbeirat der ebenfalls extrem rechten „Deutschen Geschichte“ gehörte. Zudem referierte er unter anderem bei der neonazistischen „Initiative Wahrheit und Gerechtigkeit“ (IWG).

Lob von der NPD

Die Stadt Herdecke folgte dem Herner Beispiel und beschloss, in Zukunft auf den Historiker zu verzichten, der über Jahre im Stadtarchiv mitgearbeitet und Veröffentlichungen zur Stadtgeschichte verfasst hatte. An dieser Stelle endete Olaf Roses Betätigung im seriösen Geschichtsbetrieb.

Schon zu diesem Zeitpunkt zeigte die NPD, in Person des ehemaligen sachsen-anhaltinischen Landesvorsitzenden Frank Kerkhoff, ihre Wertschätzung für Rose. Es dauerte jedoch noch drei Jahre bis der von Kerkhoff als „aufrichtiger, ehrlicher und intelligenter Deutsche“ gelobte Rose eine neue Karrierechance bei den „Nationaldemokraten“ fand. 2006 stellte die NPD-Landtagsfraktion Sachsen den 1958 im hochsauerländischen Arnsberg geborenen Rose als parlamentarischen Berater ein.

Ohne Springerstiefel

Auf so einen wie ihn hatten die sächsische NPD und ihr Fraktionschef Holger Apfel geradezu gewartet. Einer der nicht aus dem Spektrum „parteifreier“, Springerstiefel tragender Neonazis zu ihnen stieß, sondern einen halbwegs guten Leumund zu haben schien. Ein Historiker, Dr. phil. gar., scheinbar seriös, seit 1991 Vorstandsmitglied der „Gesellschaft für freie Publizistik“, eines Zusammenschlusses extrem rechter Autoren und „Vordenker“, einer, dem es gelungen war, seine Thesen sogar einem Fernsehsender der „Systemmedien“ unterzujubeln. Zugleich aber auch einer, der – erst recht nach seinem TV-Beitrag zur „Geheimakte Heß“ – bei Neonazis aus dem Kameradschaftsmilieu hohes Ansehen genoss. „Arbeiten wie die von Olaf Rose sind unverzichtbar“, hatte die extrem rechte Internetseite „Störtebeker“, Vorläufer von „Altermedia“, den Geschichtsrevisionisten schon 2003 gefeiert.

Auf Tournee

Mit dem „Fall Heß“ und anderen historischen Themen ging er jahrelang auf Vortragstournee durch fast alle Spektren der extremen Rechten, von der mittlerweile verbotenen „Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene“ (HNG) bis hin zur „Nationalversammlung des Deutschen Ostens“, dem „Parlament“ des Pseudo-Exilstaates „Vereinigte Ostdeutsche Reichsgebiete“ (VODR), wie der „blick nach rechts“ berichtete. Für den März 2007 war beispielsweise auch in der Schulungsstätte „Collegium Humanum“ im ostwestfälischen Vlotho eine „Geschichtswerkstatt“ für 16- bis 25-Jährige angekündigt: als Referenten Rose und Bernhard Schaub. Der Schweizer Holocaust-Leugner Schaub war damals Vorsitzender des später verbotenen „Vereins zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Verfolgten“ (VRBHV). Ebenfalls in Vlotho wurde ein Jahr darauf eine Veranstaltung der „Nationalen Sozialisten aus Schaumburg und OWL“ zum Thema „Historische Richtigstellung: Motive und Methoden der in- und ausländischen Geschichtsfälscher an ausgewählten Beispielen“ mit Rose beworben.

„Einfühlsames und menschliches Bild des ,Chefs’“

Das Geschichtsbild, das Rose von den 30er und frühen 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts hat? Rudolf Heß und Heinrich Himmler als Friedenspolitiker, deren Bemühungen vom Kriegstreiber Winston Churchill zunichte gemacht wurden. Zwei Bände des britischen Autors Martin Allen zum Thema übersetzte er. Doch Rose übersetzte nicht nur. Als Herausgeber veröffentlichte er „Erinnerungen und Aufzeichnungen“ von Hitlers persönlichem Adjutanten Julius Schaub. Der, NSDAP-Mitglied Nr. 81 und SS-Mitglied Nr. 7, war, so versprach die extrem rechts angesiedelte Sudholtsche Versandbuchhandlung, „der wohl persönlichste Mitarbeiter und Vertraute Adolf Hitlers“. Seine Erinnerungen würden „ein ebenso einfühlsames und menschliches Bild des ,Chefs’“ zeichnen. Roses Welt: ein menschelnder Hitler, ein Friedensflieger Heß, ein ums Kriegsende bemühter Himmler.

Geschichte umschreiben

Geschichte muss umgeschrieben werden. Dazu diente auch „Der Große Wendig – Richtigstellungen zur Zeitgeschichte“, mehrbändig unter anderem von Rose herausgegeben. „Gräuelmärchen, Umerziehungslügen oder einseitigen Geschichtsdarstellungen“ der letzten 150 Jahre sollten die Bände richtigstellen. Dabei ging es im ersten Band, von der extrem rechten Zeitschrift „Nation & Europa“ als „Meisterleistung“ angepriesen, unter anderem um „Britische Deutschlandhetze vor 120 Jahren“, um „Polen als Aggressor 1918 – 1938“ oder um „Lebensborn e.V. – eine Organisation der Fürsorge“, ferner natürlich um Roses Lieblingsthema „Die wahren Ursachen und Hintergründe des Heß-Fluges 1941“ oder um die Behauptung „Alliierte begannen Bombenterror“.

In der NPD schaffte es Rose vorübergehend sogar bis in die Parteispitze. Beim Parteitag im Frühjahr 2008 wurde er mit dem mit Abstand besten Wahlergebnis von mehr als 88 Prozent in den Bundesvorstand gewählt. Zeitweise leitete er dort das Amt Ausland. Im Vorstand hielt er sich aber nur ein Jahr. Im März 2009, als die Gruppe um Holger Apfel nicht wieder für Vorstandsämter kandidierte und der radikalere Flügel bei der Wahl durchmarschieren konnte, zog sich auch Rose zurück.

Eleganter Goebbels

Seit 2007 gehörte Rose in Dresden zu den Rednern bei Veranstaltungen von NPDlern und „parteifreien“ Neonazis zum Jahrestag der Bombardierung der Stadt. Die Demos entwickelten sich phasenweise zu den größten Neonazi-Aufmärschen der Republik. Auch in diesem Februar stand er dort auf der Bühne und schimpfte gegen das „Gewaltgesindel“, das gegen den braunen Neonazi-Aufmarsch protestierte. Nationalsozialisten hätten in der Weimarer Republik „Zivilcourage“ bewiesen, wusste er diesmal zu berichten. Den Bundestag nannte er eine „Quasselbude“. Ganz besonders hatte es ihm aber Sachsens Regierungschef Stanislav Tillich angetan: „Es ist unsäglich, wenn uns ein Sorbe, der sich gerne als Sachse ausgibt und hier Ministerpräsident ist, als braunen Dreck bezeichnen kann.“ Tillich solle sich hüten, über Goebbels noch mal ein falsches Wort zu verlieren. „Die Niedertracht ist ihm gemeinsam“, sagte Rose – und sein Publikum hörte das überwiegend nicht so gerne. Goebbels der Niedertracht zu zeihen, schickt sich dann doch nicht in diesen Kreisen. „Die Eleganz des alten Ministers fehlt ihm allerdings“, ergänzte Rose eilig – was seine Zuhörer wiederum freute.

Seine eigene Eleganz wird Rose im Amt des Bundespräsidenten wohl eher nicht unter Beweis stellen können. Nur drei Wahlmänner stellt die NPD in der Bundesversammlung am Sonntag. (ch/ts)