DO: Tiefbraun – und für verbotene Symbole ein Pflaster

Posted on 3. September 2011 von


DORTMUND – Mehr als 200 Neonazis sind bester Stimmung. Versammlungsleiter Christian Worch fordert sie auf, doch noch einmal kräftig die Fahnen zu schwenken, während die heimische Rechtsrockband „Oidoxie“ auf der Ladefläche eines Lastwagen steht und das vorletzte Lied des Abends anstimmt. Die Kameraden tun wie befohlen, schwenken Schwarz-Weiß-Rot. Zwei von ihnen sind sogar mit ihren Fahnen aufs Dach des Lkw geklettert, während eine Etage tiefer „Oidoxie“-Sänger Marko Gottschalk „Kameradschaft ist nicht nur ein Wort“ anstimmt: Dortmund am Abend vor der Demonstration von Neonazis zum „Nationalen Antikriegstag“. Sie fühlen sich wohl in dieser Stunde und an diesem Ort.

Was bei der Demo am Samstag „inhaltlich“ zu erwarten ist, dafür lieferte die „Vorabenddemo mit Livemusik“* Hinweise. Die Wirtschaft: jüdisch gelenkt. Die Kriegstreiber: Israel und die USA, wo es die „Ostküste“ gibt, die wiederum als Chiffre für Jüdisches steht. „Ruhm und Ehre der deutschen Wehrmacht“ erklingt unterwegs, auch die in diesen Kreisen unvermeidlichen Parolen „Juden raus – aus Palästina“ oder „Nach unserm Sieg – nie wieder Krieg“. Dennis Giemsch, führende Figur von Dortmunds „Autonomen Nationalisten“ wird am Ende der Veranstaltung von der „heiligen Idee des Nationalen Sozialismus“ sprechen, dessen „Wort“ die Kameraden weiterverbreiten mögen.

Nur optisch modernisiert

Optisch haben sich Dortmunds Neonazis zwar etwas modernisiert“. Ideologisch bleiben sie aber dem Nationalsozialismus verhaftet, tiefbraun. Wobei die optische Modernisierung auch ihre Grenzen hat, wie am reitagabend zu besichtigen war: „Oidoxie“-Sänger Gottschalk benötigt gut ein halbes Dutzend Pflaster, um all die verbotenen Symbole unsichtbar zu machen, die er sich an Hals und Armen hat eintätowieren lassen.

40 Prozent Musikanteil durften die Kundgebungen am Freitag maximal haben, so hatte es die Polizei per Auflage verfügt, um der Veranstaltung den Charakter eines Konzertes zu nehmen. Am Stück waren höchstens 15 Minuten Musik erlaubt. Die Zeiten wurden bei diesen Kundgebungen auch peinlich genau eingehalten. Die Neonazis behalfen sich indes, indem sie „Oidoxie“ auf der Rückfahrt von der Zwischenkundgebung – dort hatte die andere beteiligte Rechtsrockband „Words of Anger“ ihren Auftritt – unterwegs auf dem fahrenden Lkw spielen ließen.

Vier Festnahmen

215 Teilnehmer zählte die Polizei. Vier mehr hätten es werden können. Doch die Polizei nahm diese vier vorläufig fest: Sie hatten den Hitlergruß gezeigt bzw. Schlagwerkzeuge bei sich. Und: Eine kleinere Sitzblockade gab es auf der Strecke. An der Saarlandstraße hatten sich 40 Leute – offenbar Anwohner – auf der Straße niedergelassen. Die Polizei räumte nicht. Musste sie aus polizeitaktischer Sicht auch gar nicht: Die Neonazidemo wurde an den Sitzblockierern vorbeigeführt.

Am Samstag werde man mit mehr Leuten unterwegs sein, drohte Worch bei der Abschlusskundgebung. Und Giemsch stachelte seine Anhänger noch einmal auf: „Es liegt auch morgen wie heute an euch, die Straße für den nationalen Widerstand frei zu machen.“ Die Kameraden sollten bereit zu sein „für einen Kampf für unsere Weltanschauung“. Sein brauner Anhang sieht sich in der Nachfolge von NSDAP und SA. Giemsch: „Genau wie damals steht der Nationale Sozialismus im Ringen gegen Kapitalismus und Kommunismus.“ (ts)

* https://nrwrex.wordpress.com/2011/09/02/do-bis-zu-300-neonazis-bei-%e2%80%9evorabenddemo-mit-live-musik%e2%80%9c-erwartet/

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