ST: Hausdurchsuchung bei Betreiberin von extrem rechter Internetseite (doppelt ergänzt)

Posted on 27. August 2011 von


RHEINE – „Jeanne D.“ ist erst einmal verstummt. Man nehme, teilten die Betreiber der gleichnamigen extrem rechten Internetpräsenz mit, aufgrund einer Hausdurchsuchung und der „versuchten Kriminalisierung“ die Seite „bis zur abschließenden Klärung des Sachverhaltes vom Netz“.

Am 17. August soll es eine Hausdurchsuchung bei Iris Niemeyer* in Rheine, einer der Macherinnen der Seite, gegeben haben. Tatvorwurf unter anderem: Volksverhetzung. In einem Beschluss des Amtsgerichts Münster würden „die Leugnung des Holocaust, Hetze gegen die jüdischen Bevölkerungsteile der Bundesrepublik, sowie das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole als Ermittlungsgrundlage benannt“, heißt es in einer Erklärung der „Jeanne D.“-Betreiber.

„Selbsthilfegruppe politisch verfolgter Frauen“

Die Durchsuchung sei für sie „vollkommen überraschend“ gekommen und „nur als absurd zu bezeichnen, da Jeanne-D. sich nie politisch oder ideologisch betätigt hat“, beteuern sie. Aufgabe der Seite sei „lediglich die Dokumentation gewisser rechtlicher Vorgänge innerhalb der BRD“. Der angeblich „unpolitische“ Charakter der Internetseite soll auch mit einem weiteren Hinweis belegt werden: „Aus dem politischen Geschehen hatte man sich bereits Anfang 2009 mit dem Austritt aus der NPD verabschiedet.“ Gemeint ist Niemeyers Parteiaustritt in jenem Jahr.

„Jeanne D.“ war vor etwas mehr als dreieinhalb Jahren entstanden. Ihre Macherinnen verstanden sich zunächst als „Selbsthilfegruppe politisch verfolgter Frauen in Zeiten der BRD“. Zuletzt hieß es über Sinn und Zweck der Internetseite: „Auf dieser Seite möchten wir weiterführende Information rund um das Thema politische Verfolgung in der Bundesrepublik Deutschland anbieten. Hier sollen Betroffene und Interessierte erfahren, was politische Verfolgung eigentlich ist, wie diese geschieht und ob jemand schon Nachteile durch politische Verfolgung, soziale Ächtung oder ähnliches erlebt hat.“

„Unpolitischer“ Demo-Aufruf

Die von den Ermittlungsbehörden erhobenen Vorwürfe seien „unhaltbar“, heißt es inzwischen in einer kurzen Erklärung auf der Internetseite. Sie würden „Wesen und Wirken von Jeanne- D. klar widersprechen“.

Ein Blick auf die in der Vergangenheit auf der Seite veröffentlichten Beiträge legt freilich nahe, dass die Verteidigungsstrategie von Niemeyer & Co. reichlich löchrig ist. So wurde trotz der Behauptung, man habe sich aus dem „politischen Geschehen“ zurückgezogen, noch in diesem Sommer ein Aufruf zu einer Demonstration vor dem Bundesverfassungsgericht veröffentlicht, die unter anderem von der ostwestfälischen Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck initiiert worden war.

An der Seite von Holocaustleugnern

Apropos Holocaustleugner: Für sie hatte Jeanne D. stets mehr als nur ein gutes Wort. Der österreichische Revisionist Wolfgang Fröhlich wurde in einem auf der Internetseite veröffentlichten Bericht als „einer der wichtigsten Verkünder der geschichtlichen Wahrheit, speziell in Bezug auf Gaskammern und dem 6-Millionen Mythos“ gewürdigt. Sein deutscher Kamerad im Ungeist Horst Mahler galt „Jeanne D.“ als „inhaftierter Dissident“, für den man auf dem eigenen Spendenkonto Geld sammeln wollte. Mahlers Ehefrau Sylvia Stolz, antisemitisch unterwegs wie ihr Gatte, wurde zur „Meinungsdissidentin“ geadelt. Ernst Zündel nannte die Internetseite, indem sie dessen Ehefrau Ingrid Zündel zitierte, einen „Kriegsgefangenen“ und „weltweit berühmten Freiheitskämpfer“.

„Jüdische Kriegserklärungen“

Beinah logisch, dass es „Jeanne D.“ nicht nur bei solchen Solidaritätsbekundungen beließ, sondern selbst auch nur von einem „sogenannten Holocaust“ sprach. Und der war dann offenbar auch nur eine Reaktion auf jüdisches Fehlverhalten. In einem Beitrag zum Thema „Kriegserklärungen gegen Deutschland 1939 — 2011“ wurde Ende April eine Liste des geschichtlichen Nachschlagewerks „Der große Ploetz“ über die Kriegserklärungen von 52 Staaten gegen Nazi-Deutschland dokumentiert. „Jeanne D.“ fügt an: „Die jüdischen Kriegserklärungen hat der Verlag Ploetz doch glatt ,vergessen’, deshalb möchte ich das hier nachholen. Die Juden erklärten nämlich Deutschland bereits im März 1933 den Krieg. Das war die erste aller Kriegserklärungen überhaupt, und die erste von insgesamt drei jüdischen!“ (rr)

* Mehr über Iris Niemeyer hier:

http://www.netz-gegen-nazis.de/artikel/die-sanfte-seite-des-rechtsextremismus-2

Der Text erschien zuerst im Jahre 2008. Nicht enthalten ist darin daher, dass Niemeyer nach eigenen Angaben Anfang 2009 die NPD verließ.

  • Ergänzung, 25. September 2011: Die Ermittlungen gegen Niemeyer sind inzwischen eingestellt worden.
  • Ergänzung, 19. Februar 2012:Wie die Berliner Zeitung an diesem Wochenende berichtete, hält die Staatsanwaltschaft in Münster ihren Vorwurf gegen Niemeyer doch aufrecht: Ihr werde u.a. vorgeworfen, zum Hass gegen Teile der Bevölkerung aufgestachelt und den Holocaust geleugnet zu haben. Zum Bericht der Berliner Zeitung:http://www.berliner-zeitung.de/magazin/rechtsextremismus-ihr-kampf,10809156,11652160.html
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