DÜSSELDORF/MÜNSTER – Aktivitäten der „Münsterer Burschenschaft Franconia“ belegen die Verankerung eines Bundestags-Kandidaten der „Alternative für Deutschland“ (AfD) NRW in ultrarechten Kreisen, nrwrex berichtete bereits am 17. Mai 2013. Die Burschenschaft, die den Düsseldorfer Unternehmer Ulrich Wlecke (Platz 4 auf der Kandidatenliste der AfD NRW für die Bundestagswahl) zu ihren Mitgliedern zählt, unterhält nicht nur besondere Beziehungen zu einer österreichischen Rechtsaußen-Burschenschaft. In ihrem Haus hieß es zudem noch vor einigen Jahren, die „deutsche Frage“ sei „nicht gelöst“. Im Haus der „Franconia“ wohnte kurz zuvor, im Jahr 2004, ein NPD-Aktivist.
Nur unkonventionell
Bei dem NPD-Aktivisten handelte es sich um Oliver W., damals unter anderem Bundes- und Landessprecher der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ (JN). Erst nach heftigen Protesten warf die „Franconia“ W., der später seinen Ausstieg aus der extremen Rechten erklärte und seitdem nicht mehr als extrem rechter Akteur in Erscheinung tritt, aus dem Haus. In ihrer „Frankenzeitung“, die prinzipiell an alle Mitglieder versandt wird, hieß es nur kurze Zeit später zu dem Vorfall, die Burschenschafter würden kritisiert, „weil sie mit Menschen sympathisieren, die eben nicht nur banalisieren, die eben nicht nur, oder auch gar nicht darauf achten, konventionell zu sein“.
Das „ganze“ Deutschland
In der „Frankenzeitung“ wurden damals auch Aussagen über eine angeblich bis heute bestehende „deutsche Frage“ getätigt. „Trotz aller Freude“ über den Fall der Berliner Mauer am 9. November 1989 und über die daran anschließende Vereinigung von BRD und DDR sei „die ‚deutsche Frage‘ nicht gelöst“, hieß es in dem internen Mitteilungsblatt: „Pommern, Ostpreußen und Schlesien sind Teile des ‚ganzen Deutschland‘.“ Auskunft über die „deutsche Frage“ der „Franconia“ gab indirekt auch ein „Bundesbruder“, der sich über die Hauptstadt der Republik Österreich äußerte. Wien sei, urteilte er, „Deutschlands schönste Stadt“.
Enge weltanschauliche Bande
Nach Wien unterhält die „Franconia“ besondere Beziehungen: Sie hat 1952 ein „Arbeits- und Verkehrsverhältnis“ mit der „Wiener akademischen Burschenschaft Libertas“ begründet – nachdem, wie die „Libertas“ berichtet, „schon seit vielen Jahren enge persönliche und weltanschauliche Bande bestanden“. Der Wiener Burschenschaft zufolge ist das „Verkehrsverhältnis“ im Sommer 2002 „feierlich auf ein Freundschaftsverhältnis aufgewertet“ worden; damit habe man „der besonderen Intensität der Beziehungen“ zwischen den beiden Bünden „Rechnung getragen“. Die „Libertas“ behauptet auf ihrer Website, heutzutage seien „das bewusste Ignorieren vitaler Interessen unseres Volkes“, eine „zwanghafte Gleichmacherei“ und darüber hinaus ein „Dogma der politischen Korrektheit“ überall „gegenwärtig“. Dagegen setze sie sich zur Wehr.
„Volkstreue“ Aktivitäten
Dies tut sie unter anderem mit der Vergabe eines Preises („Carl von Hochenegg-Preis“) mit einem Preisgeld in Höhe von 1.000 Euro. Im Jahr 2006 nahm diesen Preis Marco Kanne entgegen – als „Netzseitenverantwortlicher und Mitarbeiter“ des Internetportals „Blaue Narzisse“, eines damals noch im Aufbau befindlichen Rechtsaußen-Mediums. Dem „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes“ (DÖW) zufolge befand sich unter den Preisträgern auch der neonazistische „Bund freier Jugend“. Laut DÖW hieß es in der „Libertas“-Begründung für die Preisverleihung, der „Bund freier Jugend“ sei „für seine volkstreuen Aktivitäten stärkster staatlicher Repression ausgesetzt“.
Abweichende Geschichtsbilder
„Alte Herren“ der Wiener „Libertas“ sind unter anderem der ehemalige FPÖ-Politiker Hans Achatz und der FPÖ-Nationalratsabgeordnete Walter Rosenkranz. Achatz hat dem DÖW zufolge die Verharmlosung der Shoah im Jahr 2007 als „öffentliche Bekundung abweichender Geschichtsbilder“ abgetan: Es gehe nicht an, „den Glauben an mehr als 60 Jahre zurückliegende Verbrechen vorzuschreiben, indem der daran geäußerte Unglaube unter Strafe gestellt wird“. Rosenkranz besuchte die Geburtstagsfeier seines Münsteraner Verbandsbruders Ulrich Wlecke am 6. September 2008 auf den Düsseldorfer Rheinterassen – gemeinsam mit einer Vielzahl weiterer Wiener „Liberten“. In den folgenden beiden Jahren trat Wlecke als „Budget-Experte“ bei der FPÖ in Wien auf (nrwrex berichtete). Mittlerweile kandidiert er für die AfD NRW zum Bundestag. Das enge Verhältnis seiner „Münsterer Burschenschaft Franconia“ zur „Wiener akademischen Burschenschaft Libertas“, deren diesjähriger „Hochenegg-Preisträger“ noch nicht feststeht, dauert an.
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Literaturtipp zum Thema „Franconia“:
Tim Ackermann: „Heil Franconia”. Die Burschenschaft Franconia zu Münster. In: AStA der FH Münster & AStA der Uni Münster (Hrsg.): disconnect! Reader zu studentischen Verbindungen in Münster. Münster 2007, S. 51-57. Online abrufbar hier.
Mai 30th, 2013 → 23:13
[…] via nrw rechtsaußen: AfD-Bundestagskandidat in ultrarechten Kreisen verankert […]
Juni 18th, 2013 → 18:48
[…] den Rechtspopulisten Herrn Jörg Haider (FPÖ) bei seiner Wahl in Österreich massiv unterstützte. https://nrwrex.wordpress.com/2013/05/29/dms-afd-bundestagskandidat-in-ultrarechten-kreisen-verankert/ ; https://nrwrex.wordpress.com/2013/05/17/d-afd-bundestagskandidat-mit-fpo-kontakten/ ; […]