ESSEN/UNNA – In der nordrhein-westfälischen NPD werden Worte des Bedauerns über das Ende des Pontifikats Benedikts XVI. laut. Der Landesvorsitzende der Partei empfiehlt sogar dem Konklave in Rom, einen Holocaust-Leugner zum nächsten Papst zu wählen.
„Viele konservative deutsche Katholiken“ hätten sich über die Wahl Benedikts XVI. am 19. April 2005 gefreut, heißt es beispielsweise auf der Website der NPD Unna/Hamm: „Unsere guten Wünsche begleiten unseren deutschen Papst“. Der NPD-Kreisverband, dessen Vorsitzender Hans-Jochen Voß zugleich auch den – weitestgehend einflusslosen – „Arbeitskreis Christen in der NPD“ leitet (nrwrex berichtete), hatte Joseph Ratzinger bereits in der Vergangenheit für seinen kirchenpolitischen Kurs gelobt. Benedikt XVI. habe bei „der Priesterehe, Behandlung von Schwulen und Lesben, Ökumene, Sexualmoral und Auflösbarkeit der Ehe“ keinerlei „Zugeständnisse an den Zeitgeist in der BRD gemacht“, erklärte er etwa im September 2011 anlässlich des päpstlichen Deutschland-Besuches. Ratzinger habe dankenswerter Weise deutlich ablehnende Worte über „die verlotterte Moral in der BRD“ gefunden. Lediglich eine „Überbetonung der angeblich jüdischen Wurzeln des Christentums“ warf der NPD-Kreisverband Unna/Hamm dem deutschen Papst vor; er berief sich auf eine antisemitische Passage des Johannes-Evangeliums, in der es heißt, „die Juden“ stammten vom „Teufel“ ab.
Integration extrem rechter Kräfte
Wenngleich von wie auch immer gearteten Verbindungen zwischen Benedikt XVI. und der NPD auch nicht im Geringsten irgendeine Rede sein kann, so ist Joseph Ratzingers Pontifikat doch stark von einer möglichen Integration extrem rechter Kräfte in die katholische Hierarchie geprägt gewesen – von der Debatte um die Aufnahme der „Priesterbruderschaft St. Pius X.“ in die kirchlichen Strukturen. Hintergrund waren die Bemühungen des deutschen Papstes, die Konsolidierung des Rechtskatholizismus innerhalb der Kirche voranzutreiben und damit die vorsichtige Öffnung für die Moderne, die mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) verbunden war, schrittweise rückgängig zu machen. Der vatikankritische katholische Theologe David Berger spricht prägnant von einer „benediktinische(n) Wende hin zu einem neuen Antimodernismus“ (zum Artikel von Berger geht’s hier). In diesem Zusammenhang ging Benedikt XVI. auch auf Kreise zu, die durch das Zweite Vatikanum aus den kirchlichen Strukturen gedrängt worden waren – etwa auf die Piusbruderschaft, deren Re-Integration in die katholische Kirche er freilich nicht mehr abschließen konnte. Die Entscheidung darüber bleibt seinem Nachfolger vorbehalten.
Die Piusbruderschaft und der Holocaust
Benedikts Annäherung an die Piusbruderschaft ist in der NPD auf spezielle Zustimmung gestoßen – weil die Organisation enge Beziehungen in die extreme Rechte unterhält, insbesondere in ihrem Ursprungsland Frankreich. Die Bruderschaft kontrolliert die Kirche „Saint-Nicolas-du-Chardonnet“ im zentralen fünften Pariser Arrondissement, die regelmäßig von Vertretern der extremen Rechten besucht wird, beispielsweise vom langjährigen Vorsitzenden des „Front National“ (FN), Jean-Marie Le Pen. Als Le Pen 1987 die Gaskammern in deutschen Vernichtungslagern zu einer „Fußnote der Geschichte“ erklärt hatte und sich deswegen heftiger Kritik ausgesetzt sah, wurde er von einem Piusbruder verteidigt, der den FN-Chef als „Opfer“ der „jüdischen Großfinanz“ einstufte und die Thesen bestimmter Holocaust-Leugner „absolut wissenschaftlich“ nannte. Wegen seiner Holocaust-Leugnung hat in den letzten Jahren vor allem der ehemalige Bischof der Piusbruderschaft Richard Williamson weltweit für Schlagzeilen gesorgt. Weil er damit den Ruf der gesamten Organisation schwer schädigte, ist er inzwischen aus ihr ausgeschlossen worden.
NPD-Vorsitzender plädiert für Auschwitzleugner
Ob sich das bis in die Essener Landesgeschäftsstelle der NRW-NPD bzw. zum NPD-Landesvorsitzenden Claus Cremer herumgesprochen hat, ist nicht bekannt; Cremer plädiert jedenfalls auf seinem Twitter-Account dafür, Williamson zum nächsten Papst zu wählen. Ebenfalls unbekannt ist, ob Cremer sein Plädoyer auf aktuelle Äußerungen von Williamson zum Thema Holocaust stützt. In einer Stellungnahme aus der ersten Februar-Hälfte äußert Williamson die Ansicht, „der sogenannte ‚Holocaust'“ sei „die Säkularreligion der Neuen Weltordnung (Auschwitz ersetzt den Kalvarienberg Golgotha, die Gaskammern ersetzen das Kreuz Christi und die Sechs Millionen spielen die Rolle des Erlösers)“. „Die Nachkriegsdeutschen“ seien nur dann in der Lage, ihre „Schwierigkeiten mit ihrer Selbstachtung“ zu überwinden, wenn sie sich „stets auf die Brust schlagen wegen der angeblichen Verbrechen des Dritten Reiches“.
Posted on 28. Februar 2013 von redax1