KO: Anklage gegen AB Mittelrhein

Posted on 4. Juli 2012 von


Koblenz –Gegen 26 männliche Personen im Alter zwischen 19 und 54 Jahren u.a. wegen Mitgliedschaft in einer Kriminellen Vereinigung und weiterer Straftaten“ hat die Staatsanwaltschaft Koblenz Anklage erhoben. Das teilte gestern Oberstaatsanwalt Hans-Peter Gandner von den Medienstelle der Staatsanwaltschaft Koblenz mit. Unter den Angeklagten befinden sich mit dem Düsseldorfer Sven Skoda, dem Kölner Paul Breuer und dem Pulheimer Axel Reitz auch führende Neonazis aus NRW.

20 Beschuldigte würden wegen einer „Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung“ – gemeint ist das „Aktionsbüro Mittelrhein“ (ABM) mit Hauptsitz in Bad Neuenahr-Ahrweiler -, vier weitere wegen „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ sowie zwei wegen der „Beteiligung an Straftaten, die von Angehörigen der kriminellen Vereinigung begangen worden sind“, vor dem Landgericht Koblenz angeklagt werden, der Prozess sei aber noch nicht terminiert.

Aktionen auch in NRW

Laut Staatsanwaltschaft bestehe „der Verdacht, dass sich die Mitglieder des ‚Aktionsbüros Mittelrhein‘ spätestens im Jahr 2009 radikalisierten und verantwortlich für Sprühaktionen, Sachbeschädigungen bis hin zum geplanten Inbrandsetzen von Kraftfahrzeugen sowie Körperverletzung zum Nachteil von Angehörigen der linken Szene im örtlichen, aber auch überörtlichen Bereich“ seien. Auch in NRW hätten sich Mitglieder des ABM an gewalttätigen Handlungen beteiligt, explizit genannt werden Vorfälle am 30. November 2010 und am 22. Januar 2011 in Wuppertal. Am 8. November 2001, so die Staatsanwaltschaft, „soll es in Düsseldorf unter Beteiligung von 7 Mitgliedern des ‚Aktionsbüros Mittelrhein‘ zu einem ‚Marsch der Unsterblichen‘ gekommen sein.“ 

Sieben Beschuldigte auf freiem Fuß

17 Beschuldigte befinden sich seit der polizeilichen Razzia am 13. März, bei der 24 Personen festgenommen wurden, laut Staatsanwaltschaft noch in Untersuchungshaft, ein weiterer seit dem 8. Mai, ein 19. würde „in anderer Sache“ eine Haftstrafe absitzen, die restlichen sieben Beschuldigten seien „zwischenzeitlich gegen Auflagen“ aus der U-Haft entlassen worden. Neun Angeschuldigte hätten sich zur Sache eingelassen, fünf davon umfassende Angaben gemacht.

Umfassende Angaben“

Über eben diese Personen, die „umfassende Angaben gemacht“ hätten, führt die neonazistische Szene derzeit eine heftige Debatte im Internet. Die Hauptkritik richtet sich dabei gegen Axel Reitz, der seit seiner Haftentlassung komplett von der Bildfläche verschwunden ist, sich seitdem nicht mehr zu Wort gemeldet hat und den meisten Neonazis nunmehr als „Verräter“, teilweise sogar als VS- oder Polizeispitzel gilt. Insbesondere melden sich in der Debatte Neonazis zu Wort, die immer schon gewusst und gesagt haben wollen, dass Axel Reitz zu meiden und ein „Provokateur“ sei, dass man ihm nie vertraut hätte und dass Außenstehende die Rolle und den Einfluss von Reitz völlig überschätzt hätten. Aus der neonazistischen Szene wurde Reitz zwischenzeitlich de facto ausgeschlossen.

Worchsche Aufklärung und Arithmetik

Neonazikader Christian Worch aus Parchim (Mecklenburg-Vorpommern), dem die nach seinen Angaben 926 Seiten starke Anklageschrift vorliegt, konkretisierte am 28. Juni in einem neonazistischen Internetforum, welche Angeklagten Angaben zur Sachen gemacht oder sogar Belastendes ausgesagt hätten. Drei Personen, unter ihnen zentrale Figuren des ABM, hätten ausführlich ausgesagt und „Mitangeklagte teils schwer“ belastet. Die Aussagen von Reitz seien zwar nicht „ernstlich schädlich“, „manches davon“ sei „allerdings höchst überflüssig“. Eine weitere Person habe Aussagen gemacht, „die möglicherweise geeignet sind, Mitangeklagte niederschwellig zu belasten, möglicherweise auch nicht“. Sieben weitere Beschuldigte hätten zwar ausgesagt, aber niemanden belastet, alle anderen hätten die Aussage komplett verweigert. Worch, dem andere Neonazis vorwerfen, Reitz zu schützen, fasst zusammen: „13 Männer haben sich nach meinen Kriterien vorbildlich verhalten und jede Aussage verweigert. 7 Männer haben sich immerhin noch gut verhalten und niemanden belastet. Zwei Männer haben sich fragwürdig verhalten und Aussagen gemacht, die möglicherweise belastend sein könnten, darunter auch Axel Reitz. Und drei Männer haben Verrat an ihren Kameraden begangen.“ Diese drei werden neben Reitz auch mit kompletten Namen genannt. Allerdings geht Worch von insgesamt 25 und nicht – wie von der Staatsanwaltschaft verkündet – von 26 Angeklagten aus.

Worch distanziert sich

Letztendlich aber distanziert sich auch Worch von Reitz, dessen Verhalten er als „unehrenhaft und als mindestens subjektiven Verrat qualifiziert“.  Unabhängig davon, dass Reitz „selbst ausweislich Anklageschrift bekundet“ habe, „sich aus dem rechten Lager zurückziehen zu wollen bzw. zurückgezogen zu haben“, wolle er „mit jemandem, der Aussagen dieser Art gemacht hat, nichts mehr zu tun haben“. Dabei ginge es nicht „um die Frage, ob diese Aussagen wirklich zu strafrechtlichen Konsequenzen führen oder nicht, sondern darum, daß man so was aus Prinzip nicht tut“.

Siehe zu diesem Thema auch die Artikel von Tomas Sager auf „blick nach rechts“ sowie von Andreas Stein und Tobias Hoff in LOTTA #47

Hintergründe zum AB Mittelrhein

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